Sonntag, 4. April 2010

Deckmäntelchen Demokratie

Was ist eigentlich Demokratie? Der Begriff selbst ist bedauerlicherweise immer weniger eindeutig besetzt. Ein wahrer Segen für die politisch Korrekten, aber oft ein Fluch für Menschen guten Willens, bei denen sich deshalb oft Ratlosigkeit einstellt.

Freie und freiheitlich regierte Völker, von denen es leider viel zu wenige auf dieser unserer Erde gibt, verbinden damit nicht nur regelmäßige Urnengänge, sondern auch periodische Wechsel der Regierenden, Information- und Meinungvielfalt, eine funktionierende Zivilgesellschaft, und - vor allem - fest verankerte Grundrechte.

Der Rest der Welt, sprich die überwältigende Mehrheit der herrschenden Eliten des Planeten, sieht das ganz anders. Kommunistische Diktaturen lieben es, dass Wort demokratisch in ihrem offiziellen Staatsnamen zu führen - gute Beispiele dafür sind Nordkorea (offiziell die Demokratische Volksrepublik Korea) und die "Ehemalige", wie sie nostalgisch ironisch genannt wird (bekanntlich dazumal offiziell die Deutsche Demokratische Republik).

Grausame und weniger grausame Drittweltregimes hatten in der Vergangenheit oft ihre eigene Definition des Begriffes Demokratie, nämlich one person, one vote, one time - auf gut Deutsch, einmal Wählen genügt, dann habe ich nämlich die Macht erlangt und kann sie unbegrenzt (bis ich einen natürlichen oder unnatürlichen Tod erleide, was immer zu erst eintritt) behalten...Das Modell kommt wieder zunehmend in Mode - Iran, Gaza, Bolivien und andere lassen grüssen.

Bedenklich wird die Sache allerdings, wenn wohlmeinende, und ansonsten waschechte Demokraten bei sich zu Hause, politische Wahlen mit Demokratie selbst verwechseln.

In moderneren Zeiten wird oft der "demokratische" Urnengang einfach mit mehr oder weniger Geschick gelenkt - es gibt zwar so genannte Wahlen, aber deren Resultat kann vorher zuversichtlich vorausgesagt werden. So haben sich Diktaturen unterschiedlicher Ausprägungen in Kuba, Burma, Venezuela, Syrien, Iran, um nur einige von sehr vielen zu nennen, Jahre- und jahrzehntelang etabliert. Und so scheint sich auch Russland zu entwickeln.

Die Variante, das Wahlergebnis seitens der Regierenden einfach nicht anzuerkennen und den status quo mit Gewalt aufrechtzuerhalten wurde unlängst in Zimbabwe und Kenia recht erfolgreich praktiziert. Die Gefahr ist gross, dass es auch in Iraq so gehandhabt werden wird.

Jedoch ebenfalls bedenklich ist es, wenn urdemokratische Staatsgebilde wie die Schweiz politisch so erstarren, dass Immobilismus und sogar eine undemokratische Herrschaft der Minderheiten entstehen. Eine für das eigene Land mehr als katastrophale, weitgehend auch im eigenen Ministerium (sprich Departement) verhasste Aussenministerin, ein sichtlich überforderter Finanzminister sowie ein glückloser, sprücheklopfender Verkehrs- und Energieminister können nicht ersetzt werden, weil einerseits ihre jeweiligen parteipolitische Lager praktische Sperrvetos besitzen, und anderseits die grösste politische Gruppierung des Landes weiterhin in der Regierungs(zwangs)koalition unterrepräsentiert bleiben soll. Regelmässige Urnengänge? Sicher, und in ihrer Vielfalt einmalig. Information- und Meinungvielfalt? Trotz Staatsfernsehen und Radio noch immer möglich. Funktionierende Zivilgesellschaft? Eindeutig, an der Basis sehr gut organisiert. Periodische Wechsel der Regierenden? Hier zeigt die Schweiz Defizite. Eine moderne Demokratie sollte ein wenig anders aussehen.

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